Flucht in Beziehungen

Flucht in Beziehungen



An dieser Stelle stehen wir alle, aber die wenigsten Menschen wissen, daß sie dort sind. Entsprechend verhalten sie sich dann auch. Wie viele flüchten sich, wenn sie älter sind, von einer Frau zur nächsten oder wieviele Frauen wechseln die Männer wie die Hemden.
Wie oft sind Sie schon eine Beziehung eingegangen, nur um nicht allein zu sein oder weil alle um Sie herum auch eine Beziehung hatten? Wenn Sie das kennen, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Ich kenne eigentlich niemanden, der das nicht kennt. Aber bevor wir jetzt weitermachen, möchte ich an dieser Stelle noch eine begriffliche Klärung vornehmen.

Einsam und allein

Wenn Erich Fromm von Einsamkeit spricht, spreche ich lieber von Alleinsein. Unter Einsamkeit verstehe ich das Gefühl der Isolation von anderen Menschen, während Alleinsein für mich den Zustand des Menschen in der Welt beschreibt.
Der Mensch ist allein, er ist eine biologische Einheit, sein Denken ist sein Denken und nur sein Denken, seine Gefühle sind seine Gefühle und nur seine Gefühle. Darüber hinaus gibt es einen Weg in die Freiheit oder Mündigkeit, der beschritten werden kann, den die meisten Menschen aber niemals finden. Für mich ist der Weg in die Freiheit, der Weg in die Autonomie untrennbar damit verbunden, daß ich mir erst einmal über meinen Zustand des Alleinseins klar geworden bin. Ich kann meine Persönlichkeit nur auf diesem Fundament bauen, das gemacht wird aus Erinnerungsarbeit und Vergangenheitsbewältigung.

Lieber gefangen als frei

Doch blicken wir noch einmal auf die Münze des Alleinseins. Wenn Sie die Münze umdrehen, steht auf der anderen Seite ein anderes Wort: Freiheit. Die andere Seite des Alleinseins ist nämlich die Freiheit. Aber ein Blick genügt, um festzustellen, daß die meisten Menschen aus Angst vor der Freiheit, aus Angst vor Unabhängigkeit, aus Angst vor dem Alleinsein lieber ihr Selbst und sich selber verraten, als den Weg der Freiheit zu beschreiten. Woran liegt das?
Die streitbare Esther Vilar hat das in einem anderen Zusammenhang geschildert. Als sie Ende der Siebziger Jahre ein Buch mit dem Titel »Das Ende der Dressur« veröffentlichte, in dem sie das Modell einer neuen Männlichkeit und einer neuen, partnerschaftlichen Gesellschaft, entwarf, schrie die ganze Republik. Dabei hatte sie nur festgestellt, was bis heute eine der wohl bekanntesten Tatsachen, aber dennoch völlig ignoriert wird.

Daß nämlich Männer von Frauen unterdrückt werden (Pauschalurteile stimmen natürlich nie. Aber lesen Sie sich ihr Buch durch und widerlegen Sie ihre Argumente, wenn Sie das können - Ich glaube nicht!). Nun ist dies hier nur Thema am Rande. Lassen Sie uns dennoch den Faden noch etwas weiter ziehen: was wäre eigentlich, wenn den Männern bewußt würde, daß sie unterdrückt werden? "Eines ist klar: Wer in unserer westlichen Industriegesellschaft ein Modell für eine neue Männlichkeit einführen wollte, dürfte auf die Unterstützung der Betroffenen selbst nicht rechnen. Denn erstens wissen die Männer nicht, was man aus ihnen gemacht hat, und zweitens könnten sie auch dann, wenn sie es wüßten, nichts ändern...Man kann die Folgen einer jahrezehntelangen Gehirnwäsche nicht einfach durch eine Aufklärungskampagne aus der Welt schaffen." Was hier an dem Einzelproblem des Mannes gezeigt wird, das können wir für unser Thema allgemeiner fassen.

(c) Michael Mahlke Remscheid - Alle Rechte vorbehalten