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Die Zeit spielt mit

Die Zeit spielt mit



Aber die Zeit spielt inzwischen in der Philosophie und Psychologie unserer Tage eine zentrale Rolle. Marx faßte die Geschichte als einen stetig ablaufenden Prozeß auf, in dem der Mensch sich selbst als Individuum und als Spezies erschafft. James war der Ansicht, daß das Leben des Geistes der ‘Strom des Bewußtseins' sei. Bergson glaubte, daß wir im tiefsten Grund unserer Seele ‘Dauer', das heißt persönliche und nicht-übertragbare gelebte Zeit seien; die Existenzialisten ihrerseits haben uns gesagt, daß wir kein Wesen besäßen, sondern in erster Linie eine Existenz seien, das heißt, daß wir das seien, zu dem wir uns im Laufe unseres Lebens machen.
Wenn nun aber der Mensch historisch und zeitgebunden ist, wenn er sich selbst entwirft und macht in dem Maße, wie er sich mit der Zeit und innerhalb der Zeit verändert und modifiziert, dann dürfte es doch auf der Hand liegen, daß wir nicht länger von einer ‘Natur der Menschen' und von einem ‘Wesen des Menschen' reden können.
Der Mensch ist dann kein mit Vernunft begabtes Wesen mehr - er wird erst dazu. Er ist nicht mehr sozial - er wird es erst. Er ist nicht mehr religiös - er wird es erst."

Dies wirft natürlich viele Vorstellungen über den Haufen. Aber genau hier liegt die große Chance jedes einzelnen Menschen. Wenn es eine Natur des Menschen als Vorgegebenes Verhaltens- und Beziehungsgefüge nicht gibt, dann ist er seines Glückes Schmied. Der Mensch kann sich also selber formen und aus sich eine starke Persönlichkeit machen. Aber natürlich vergehen erst einmal viele Jahre, bevor ich erkenne, daß ich aus mir etwas machen kann. Doch genau diese Jahre sind die Zeit im Leben, in der die tiefsten Prägungen erfolgen. Erinnern Sie sich bitte an das, was wir festgestellt haben: Wir wachsen dadurch gesund auf, daß wir alle Möglichkeiten des ungehinderten Erlebens der eigenen Gefühle, Wahrnehmungen und Bedürfnisse nutzen können.
Für unsere Persönlichkeitsentwicklung ist diese Erfahrung entscheidend. Je geringer die Freiheit, je mehr "die Liebe der Eltern sich so entstellt, daß sie Unterwerfung und Abhängigkeit fordert, um sich bestätigt zu fühlen", desto größer ist die Spaltung der eigenen Persönlichkeit in ein falsches Selbst, das man für das wahre Selbst hält und ein wahres Selbst, das man gar nicht gefunden hat, aber in der inneren Leere spürt.

(c) Michael Mahlke Remscheid - Alle Rechte vorbehalten